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Bosch Parkhaus Stuttgart - Copyright Frank Gärtner @ @ AdobeStock

Bosch setzt auf Mobility Solutions

Bosch ist schon sehr lange Weltmarktführer im Bereich Elektronik im Automobilbau. Der Trend zur Elektromobilität wird Bosch in den kommenden Jahren noch einmal deutlich weiter nach vorne bringen. Mit vollständigen Lösungen für elektrische Antriebssysteme und der Übernahme des Elektromotorenherstellers EM-motive im Januar 2019 wurde eine marktbeherrschende Stellung im Bereich Elektromobilität angestrebt. Mit dem Bau des Zentrums für künstliche Intelligenz will der Hersteller in die Pole Position vordringen. Auch im Jahr 2021 trotz der Chipkrise ein solides Wachstum beim Ertrag erwirtschaftet. Wir werfen einen Blick auf die Entwicklung bei Bosch in den letzten Jahren.

Tradition und Fortschritt

Als Robert Bosch 1886 eine Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik gründete, hatte er wohl noch nicht ahnen können, welche rasante Entwicklung sein Unternehmen erleben wird. Eine Aufgabe lag darin, einen Magnetzündapparat für einen stationären Motor nach einem Muster zu bauen. Er verbesserte jedoch das Muster und gab damit den Startschuss für die Magnetzünderproduktion. An diesem Beispiel lässt sich der Weg von Bosch ablesen. Feinmechanische Fertigkeiten und Elektrotechnik sollten in dieser Kombination die Basis für den anhaltenden Erfolg in der Elektrotechnik im Automobilbau bilden.

Schon 1897 setzte Bosch die konstruktiv verbesserten Magnetzünder in Automobilen ein und 1902 wurde der Hochspannungsmagnetzünder mit Zündkerze vom Chefentwickler Gottlob Honold vorgestellt. Es war laut eigenen Angaben der Grundstein für Bosch als zuverlässiger Lieferant für die Automobilhersteller. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten – und so wurden innerhalb weniger Jahre Bosch-Vertretungen auf allen Kontinenten gegründet.

Die technische Entwicklung der Autos führte zu höheren Geschwindigkeiten und entsprechend mehr Sicherheitsanforderungen. Bosch entwickelte 1913 und 1914 weitere Meilensteine: das elektrische Beleuchtungssystem aus Scheinwerfern, das aus einer Lichtmaschine, einem Regler und einer Batterie für die Nachtfahrten bestand. Für den Startvorgang des Motors sorgte der Anlasser.

Der Anker im Kreis

Von der Enteignung von Vertretungen und dem Markenzeichen waren die Zeiten während des Ersten Weltkriegs geprägt. Für einen eigenen Markenkern schuf der Chefentwickler Gottlob Honold im November 1918 einen Entwurf mit einem Anker im Kreis, der bis heute als prägendes Kennzeichen mit der Marke Bosch verbunden ist.

Die technischen Entwicklungen setzten sich in den folgenden Jahrzehnten fort. Die prosperierende Motorisierung sollte dem Auto einen Platz als Statussymbol des Fahrers im 20. Jahrhundert sichern. Entsprechend wurden bei Bosch die Neuentwicklungen vorangetrieben und im Auto platziert. Waren es zunächst wichtige Bauteile, zum Beispiel die Beleuchtungssysteme, das Horn oder die Scheibenwischer nach dem Weltkrieg, folgten schon bald Meilensteine wie die Dieseleinspritzpumpe und der Einstieg in neue Geschäftsbereiche wie Elektrowerkzeuge und Thermotechnik sowie neuen Ansätzen bei der Radio- und Fernsehtechnologie. Das Produktportfolio wurde damit laufend erweitert.

Die Erben von Robert Bosch

Robert Bosch verstarb 1942. In seinem Testament legte er die Eckpfeiler für die zukünftige Entwicklung fest. Das Unternehmen sollte nach seinem Willen profitabel sein und einen Teil der Gewinne für gemeinnützige Zwecke einsetzen.

Der Grundstein war schon lange gelegt worden, denn zur Sicherung der Bosch-Qualität war neben der Fertigung in den letzten Jahrzehnten ein bis heute dichtes Netz an Bosch-Service-Niederlassungen errichtet worden. Mit der Entwicklung von elektronischen Bauteilen für die Automobilindustrie in den 1950er-Jahren eroberte der Hersteller in den folgenden Jahrzehnten den Stammplatz unter der Motorhaube. Das Anti-Blockier-System (ABS), die Benzineinspritzanlage Jetronic oder die Lambdasonde zur Abgasmessung haben sich zum Standard etabliert.

Die Rekordumsätze aus der Vergangenheit sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass den traditionellen Automobilherstellern schwere Zeiten bevorstehen. Die Auslagerung von Komponenten und kompletten Systemlösungen hin zu den Zulieferern fällt ihnen gerade jetzt auf die Füße. Die Zulieferer wie Bosch sind im Zeitalter der Elektromobilität eine der Säulen für Neuentwicklungen.

Die Zahl der weltweit neu zugelassenen Autos ist 2018 zum ersten Mal gesunken. Die Handelskonflikte zwischen den USA und EU sowie China sind Gift für das globale Geschäftsmodell der deutschen Automobilkonzerne. Dazu kommen die Folgen des Dieselskandals mit den juristischen Konsequenzen.

Shuttle Bus - Copyright Bosch
Shuttle Bus – Copyright Bosch

Vergangenheit und Zukunft verknüpfen

Neben den weiterhin drohenden Fahrverboten in den Städten dürfte sich die Lage der traditionellen Hersteller weiter zuspitzen. Die EU kann die deutschen Hersteller weiter in die Pflicht nehmen und die Rahmenbedingungen mit einem Transformationsprozess in Richtung Elektromobilität verschärfen. Laut Mitteilung des Verbands der Automobilindustrie (VDA) wird die deutsche Industrie allein 60 Milliarden Euro in die Bereiche Elektromobilität und Digitalisierung investieren. Bosch stellt mit dem eigenen Investitionsprogramm die Künstliche Intelligenz (KI), die für die autonom fahrenden Fahrzeuge eingesetzt wird, in den Fokus.

Schon 2016 erhob der Bosch-Chef Volkmar Denner das Thema KI zu einer strategischen Existenzfrage für den Traditionskonzern. Eine kleine Lösung kam schon damals nicht infrage. Für die Zukunft gründete Bosch daher ein eigenes Center for Artificial Intelligence mit Standorten in Bengaluru (Indien), Palo Alto (USA) und Renningen in Deutschland. Das Ziel ist es, im Bereich Forschung und Entwicklung den Nutzen der KI durch Produkte und Dienstleistungen zu realisieren. An der Spitze dieses Entwicklungszentrums steht Christoph Peylo. Am Studienstandort Osnabrück vertiefte er sich in die Themengebiete KI und Computerlinguistik. Nach dem Studium war er zunächst bei einem mittelständischen Unternehmen für die Softwareentwicklung zuständig. Nach der Übernahme durch T-Systems war er bei der Telekom unter anderem zuständig für die Cyber Security, Internet der Dinge und Industrie 4.0.

Bosch baut das Zentrum für KI

Danach erfolgte der Einstieg bei Bosch mit der Aufgabenstellung, das Zentrum für KI aufzubauen. Hierbei wurden laut eigenen Angaben 300 Millionen Euro Investitionskosten bereitgestellt. Beim Aufbau des Teams und der Rekrutierung von Personal hatte Peylo weitgehend freie Hand. Zurzeit sind schon über 150 Spezialisten tätig und in den nächsten Jahren wird das Personal weiter aufgestockt werden. Das autonome Fahren soll in naher Zukunft zum Standard etabliert werden und kollaborative Roboter sollen den Arbeitsalltag erleichtern.

Die Ziele der Mission hat Bosch-Chef Denner klar gezeichnet: „Wir wollen Maschinen bauen, die lernen und intelligent handeln können.“ Dieser Anspruch soll sich schon in zehn Jahren im gesamten Produktportfolio widerspiegeln, angefangen bei den Haushaltsgeräten über die Elektrowerkzeuge bis hin zur Industrietechnik. Der Anspruch ist es laut Aussagen von Christoph Peylo, weltweit zur Weltspitze zu gehören. Das kann gelingen, wenn der Funke der Begeisterung zu den Kunden überspringt.

Das Forschungs- und Entwicklungsbudget wird direkt in die Erforschung von Antriebskomponenten und -komplettlösungen gesetzt. Die ersten Erfahrungen wurden bereits in Kooperation mit dem E-Mobilitäts-Pionier StreetScooter gesammelt. Jetzt soll der erprobte elektrische Antrieb für die Massenfertigung von Lieferfahrzeugen eingesetzt werden.

Künstliche Intelligenz als strategische Existenzfrage

Der neue Trend zur Elektromobilität, das Internet der Dinge und Dienste und die Wandlung zur Industrie 4.0 sind die Herausforderungen für die Zulieferindustrie. Die Aufgabenfelder sind neben der traditionellen Hardware in den Bereichen Softwareentwicklung, internetbasierte Geschäftsmodelle und Datensicherheit zu finden. Die Trends aus der Kombination der Felder ergeben umfassende Systemlösungen vom Smart Home über das automatisierte Fahren bis hin zur Kommunikation der Maschinen in einer Fabrik.

Die Tendenz der Warenversorgung in den Städten mit Elektro-Lieferwagen lässt sich am steigenden Einsatz bei den DHL-Fahrzeugen ablesen. Bosch setzt auf elektrische Stadt-Transporter in zwei Varianten: einmal mit und einmal ohne Getriebe. Die Skalierbarkeit der Antriebe ist für leichte Nutzfahrzeuge zwischen 2 und 7,5 Tonnen angedacht. Damit soll eine schnell integrierbare Lösung für die Automobilhersteller zur Verfügung gestellt werden.

Der sogenannte „eCityTruck“-Antrieb hat Elektromotor und Leistungselektronik miteinander vereint. Die Einsparung von Bauteilen soll den Antrieb effizienter und günstiger machen und in erster Linie auch Start-ups den Einstieg in die Elektromobilität erleichtern und möglichst schnell auf den Markt helfen. Gemeinsam mit dem US-Start-up Nikola Motor entwirft Bosch einen Antrieb, der mithilfe eines Wasserstoffsystems große elektrische Reichweiten erzielen soll.

Bosch setzt Trends für die Zukunft ab 2020

„Für Bosch sind die Antriebstechnologien für den Lieferverkehr ein weiterer Baustein, um in dem ab 2020 entstehenden Massenmarkt für Elektromobilität weltweiter Marktführer zu werden und um die Vision eines emissionsfreien, unfallfreien und stressfreien Verkehrs zu verwirklichen”, so verkündet es das Unternehmen in einer Mitteilung schon 2018. „Bosch sieht eine Mobilität voraus, die elektrifiziert, automatisiert und vernetzt ist.”

Auch die Konkurrenz reagiert auf die ehrgeizigen Pläne von Bosch. So hat der Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen in Saarbrücken ein eigenes Technologiezentrum für KI und Datensicherheit gegründet. Auch hier sollen 100 KI-Experten eingestellt werden in Forschung und Entwicklung arbeiten. Zurzeit beschäftigen sich bereits circa 300 Spezialisten mit neuen Lösungen für die Mobilität von Morgen. Eine globale KI-Plattform soll das Ziel für die Optimierung entwickelter oder in Entwicklung befindlicher neuer Anwendungen, Produkte, Dienste, Services und Prozesse sein.

In der Entwicklung mit dem Hersteller Nvidia soll ein elektronisches Gehirn für die Roboterautos der Zukunft erstellt werden. ZF Friedrichshafen ist mit 36,4 Milliarden Euro Umsatz der drittgrößte deutsche Automobilzulieferer. Primus der Branche ist Marktführer Bosch mit 47 Milliarden Euro Umsatz. Der Kampf um den Spitzenplatz im Zukunftsmarkt Elektromobilität ist voll entbrannt. Die Konkurrenzsituation wird schon in den nächsten Jahren einige interessante Neuentwicklungen auf den Markt spülen.

Bosch Geschäftsverlauf 2021 - Copyright Bosch
Bosch Geschäftsverlauf 2021 – Copyright Bosch

Kernkompetenz Mobility Solutions

Dr. Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH, hat in den nächsten Jahren einige Kernkompetenzen im Bereich Elektromobilität in den Fokus gestellt. Dabei muss in den nächsten Jahren noch der Spagat zwischen Verbrennungs- und Elektromotor geschultert werden. Denn einst begründete sich der weltweite Erfolg auf dem Magnetzünder, der den Funken im Motor auslöst. Auch im Jahr 2022 sind noch 80.000 MitarbeiterInnen bei Bosch im Sektor Verbrennungsmotor und Komponenten beschäftigt. Die Transformation hin zum Elektromotor hat schon eingesetzt und entsprechend schwierig ist die Prognose, ob all diese Mitarbeiter in ein anderes Beschäftigungsfeld in den nächsten Jahren wechseln können. Ein wichtiger Baustein zum Erhalt der Arbeitsplätze ist eine Weiterqualifizierung des Personals in den kommenden Jahren.

Während im Automobilbau die Elektromobilität favorisiert wird, setzt man bei Bosch im Schwerlastbereich bei Landmaschinen, Schiffen und LKW auf die Brennstoffzelle als Hauptantriebsquelle. In der wichtigsten Konzernsparte „Mobility Solutions“ mit einem Umsatz von über 45 Milliarden Euro im Jahr 2021 liegt das Potential für die Zukunft. Dabei fokussiert sich Bosch auf die konsequente Entwicklung des eigenen Know-how und hat sich deshalb auch von der Idee einer konkurrenzstarken Batteriefertigung frühzeitig verabschiedet. Für diese Sparte steht Markus Heyn in der Verantwortung.

Aufgrund der massiven Transformationsprozesse musste man sich von starken Ertragszuwächsen in den letzten Jahren verabschieden. Im vergangenen Geschäftsjahr waren es aber immerhin laut vorläufigen Zahlen 4 % Ertragssteigerung auf 3,2 Milliarden Euro für das Geschäftsjahr 2021. Für die Verteidigung der weltweiten Marktführerschaft müssen in den kommenden Jahren Milliarden in die weltweit 400 Standorte investiert werden. Den Zielkorridor hat Stefan Hartung anlässlich der Präsentation der Zahlen für 2021 ausgegeben: „„Bosch ist technologischer Vorreiter in vielen Gebieten – das soll auch in Zukunft so bleiben.“ Die nächsten Investitionsfelder für dieses Ziel sind auch schon abgesteckt, im Jahr 2022 sollen eine Milliarde Euro in die Mikroelektronik und Elektromobilität fließen. Zusammen mit Volkswagen soll die Partnerschaft im Bereich automatisiertes Fahren intensiviert werden.

Addendum

Titelbild – Bosch Parkhaus Stuttgart – Copyright Frank Gärtner @ @ AdobeStock

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N. Hagedorn
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