Homeoffice, Pandemie und die Ukrainekrise mit den stark ansteigenden Energiekosten beeinflussen die zukünftige Mobilität in Europa. Neben dem Fahrrad und Pedelec hat sich in den letzten beiden Jahren das Leichtkraftfahrzeug zur beliebten Alternative für Pendler entwickelt. Eine kompakte Bauweise, ein deutlich reduzierter Energieverbrauch gegenüber dem Auto und ein geringerer Platzbedarf sind einleuchtende Vorteile für die immer beliebter werdenden Micro Cars. Ein genauer Blick auf die Hersteller und neuen Modelle in diesem Bericht bringt die erstaunliche Variabilität zum Vorschein.
In der EU werden grundsätzlich alle Fahrzeuge systematisiert und in EG-Fahrzeugklassen eingeordnet. Bei Leichtkraftfahrzeugen werden gleich 7 Unterklassen geführt, von den ganz leichten zweirädrigen Kleinkrafträdern bis hin zum bis zu 550 kg Leergewicht vierrädrigen Leichtfahrzeug. Bei allen Fahrzeugen dieser Klassen sind die Anforderungen an die FahrerInnen sehr differenziert entsprechend der Anforderungen.
Wichtige Kriterien sind für Leichtfahrzeuge maßgebend
Am interessantesten für eine durchgehende Nutzung unabhängig von der Witterung und Jahreszeit sind die kleinen Leichtfahrzeuge der Klasse L6e. Die bis zu 450 kg Leergewicht schweren Fahrzeuge mit 4 Rädern dürfen maximal 45 km/h fahren und die FahrerInnen brauch lediglich einen Führerschein der Klasse AM (enthalten in Führerscheinklasse B, T und A1/A2). Interessanterweise ist seit Umsetzung eines neuen Beschlusses seit dem 28. Juli 2021 bundesweit möglich, die Fahrerlaubnis der Klasse AM mit 15 Jahren zu erwerben. Aus europarechtlichen Gründen ist sie jedoch mit der Auflage versehen, dass von ihr bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres nur bei Fahrten im Inland Gebrauch gemacht werden darf. Diese Auflage entfällt, wenn der Fahrerlaubnisinhaber das 16. Lebensjahr vollendet hat.
Darüber hinaus gibt es das schwere vierrädrige Fahrzeug der Klasse 7e. Hier beträgt die Leermasse bis 450 kg und die Leistung maximal 15 Kilowatt. Aber dafür benötigt man auch entsprechend einen Führerschein der Klasse B.
Während die Fahrzeugklasse 6e früher nur Nischen besetzten, werden sie in den letzten Monaten immer beliebter, einerseits wegen der viel geringeren Unterhaltskosten gegenüber dem Auto und andererseits wegen der geringeren Anforderungen an die FahrerInnen. Auch versicherungstechnisch gibt es ein paar Besonderheiten zu berücksichtigen.
Die Versicherungsgesellschaften bieten die klassischen drei Versicherungsformen Haftpflicht, Teilkasko und Vollkaskoversicherung an. Das Fahrzeug ist steuerfrei und trägt daher immer ein grünes Kennzeichen. Allerdings ist ein gültiges Versicherungskennzeichen die Voraussetzung, um das Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu bewegen. Das Fahren ohne gültiges Kennzeichen ist eine Straftat und kann mit einer Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet werden.
Klasse | Beschreibung | Führerschein EU und Deutschland |
L1e | Zweirad mit Höchstgeschwindigkeit bis 45 km/h und Hubraum bis 50 cm³ oder 4 kW bei Elektroantrieb | AM – ab 16, in Deutschland und Österreich ab 15 |
L2e | Drei-rädriges Fahrzeug, Höchstgeschwindigkeit bis 45 km/h und Hubraum bis 50 cm³ oder 4 kW bei Elektroantrieb | AM – ab 16, in Deutschland und Österreich ab 15 |
L3e | Zweirad mit Verbrennungsmotor und Höchstgeschwindigkeit über 45 km/h, Hubraum bis 125 cm³ und 11 kW (L3e-A1), 35 kW (L3e-A2) oder über 35 kW (L3e-A3) | A1 ab 16, A2 ab 18, A ab 24 (bzw. 20 bei Stufenführerschein) Jahren |
L4e | Zweirad mit Beiwagen, mit Verbrennungsmotor und Höchstgeschwindigkeit über 45 km/h, weitere Klassen wie bei L3e | A1 ab 16, A2 ab 18, A ab 24 (bzw. 20 bei Stufenführerschein) Jahren |
L5e | Drei-rädriges Fahrzeug mit symmetrischem Aufbau, Höchstgeschwindigkeit über 45 km/h, Hubraum über 50 cm³ und unter 125 cm³, max. 15 kW bei Elektroantrieb | A1 ab 16, A2 ab 18, A ab 24 (bzw. 20 bei Stufenführerschein) Jahren |
L6e | Leichtes vierrädriges Fahrzeug, Leermasse bis 425 kg (bei Elektro ohne Batterien), Höchstgeschwindigkeit bis 45 km/h, Hubraum bis 50 cm³ und 6 kW bei Fremdzündungsmotoren, bzw 500cm³ 6 Kw bei Selbstzündungsmotoren oder 6 kW bei Elektroantrieb | AM – ab 15 in Deutschland und Österreich |
L7e | Schwereres vierrädriges Fahrzeug, Leermasse bis 450 kg, Leistung max. 15 kW | B – wie PKW in Deutschland, B1 in Frankreich und Italien |
Ein Blick auf die Vor- und Nachteile der Klasse L6e
Wer sich für ein Leichtfahrzeug interessiert, sollte sich genau über die Vor- und Nachteile vorab informieren, damit unliebsame Überraschungen ausbleiben.
Angesichts der sich weiter nach oben entwickelnden Energiekosten ist das Leichtfahrzeug eindeutig im Vorteil im Vergleich zum konventionellen Auto. Sie benötigen deutlich weniger Benzin oder Diesel, der Verbrauch beschränkt sich häufig auf 3 bis 4 Liter Benzin oder Diesel auf 100 Kilometer. Auch bei elektrisch angetriebenen Fahrzeugen sind deutlich unter 10 Kilowattstunden pro 100 Kilometer erzielbar. Damit sind diese Fahrzeuge deutlich umweltfreundlicher und sparsamer gegenüber dem Auto.
Auch bei den Unterhalts- und Wartungskosten gibt es einen unschlagbaren Vorteil. Es sind weder Steuern noch TÜV-Gebühren fällig für diese Fahrzeuge. Auch die Führerscheinkosten für die Klasse AM sind deutlich geringer gegenüber dem konventionellen Führerschein.
Wer die Fahrzeuge nur zum Pendeln oder für Einkäufe nutzt, wird sich über die kleineren Parkräume freuen, weshalb die Parkplatzsuche deutlich einfacher ist. Auch die einfachere Bedienung ist für gehbehinderte oder in der Mobilität eingeschränkte Personen als Pluspunkt zu sehen.
Die geringen Abmessungen bedeuten auch gleichzeitig deutlich weniger Platz im Innenraum. Die meisten Leichtfahrzeuge bieten lediglich Platz für zwei Personen, auf einer Rückbank gibt es nur selten noch zusätzliche Sitzgelegenheiten. Auch ein Großeinkauf wie zum Beispiel ein Trockner oder eine Waschmaschine lässt sich in einem Leichtmobil kaum unterbringen.
Die Möglichkeiten des kleinen Autos sind mit einer Maximalgeschwindigkeit von 45 km/h sehr begrenzt. Damit werden sie oft auf Landstraßen erst spät als langsame Fahrzeuge erkannt und werden hier häufig als Verkehrshindernis angesehen. Auch die passive Sicherheit gegenüber herkömmlichen Pkws ist zudem deutlich geringer.
Die Reichweiten sind abhängig von der Antriebsform. Während bei den neueren Elektro-Leichtfahrzeugen bis zu 100 Kilometer erzielt werden, können bei konventionellen Antrieben durchaus Strecken von bis zu 300 Kilometer erreicht werden.
Die wichtigsten Hersteller in der Übersicht
Hersteller | Fahrzeugklassen | Fahrzeuge |
Ligier Group | L5/6/7e | Marke Microcar |
Stellantis | L6e | Opel Rocks / Citroen Ami |
Axiam | L6e | City/Coupe/Crossover |
Electric Brands | L6/L7e | X-Bus flexibles Konzeptfahrzeug Evetta L6e-Fahrzeug |
Der neue Versicherungsmarkt für Leichtfahrzeuge
Wer in der Stadt nur kurze Strecken pendelt und gelegentlich einkauft, für den reicht ein elektrisches Leichtfahrzeug. Wer aber längere Strecken über Land fährt, wie zum Beispiel Auszubildende auf dem Weg zum Ausbildungsplatz oder zur Berufsschule, sollte auf die konventionellen Antriebe setzen. Denn auch die Aufladung der Akkus nimmt ein paar Stunden in Anspruch und erfolgt am besten immer über Nacht am hauseigenen Stromanschluss.
Einige Überraschungen warten auf die FahrerInnen beim Thema Versicherungen. Der Versicherungsmarkt ist jung und noch längst nicht alle Versicherungsgesellschaften haben eigene Tarife im Portefeuille. Zusätzlich sind alle Details in den Versicherungsbedingungen genau zu prüfen.
Die Sicherheit ist ein relevanter Faktor
Leicht und wendig ist natürlich schön, Leichtfahrzeuge können jedoch schnell mit normalen Autos verwechselt werden. Wenn andere Verkehrsteilnehmer die langsame Geschwindigkeit falsch einschätzen, besteht großes Potenzial für Unfälle. Zudem können Leichtmobile ein Verkehrshindernis darstellen, da sie mit maximal 45 km/h unterwegs sind. Die Modelle sind zwar nicht für die Autobahn zugelassen, auf Landstraßen könnte es dennoch gefährlich werden.
Ein weiterer Aspekt ist die Karosserie. Diese ist nicht so stabil wie die eines normalen Autos. Sie bieten ihren Insassen zwar einen guten Schutz vor Witterungsbedingungen, bei Unfällen bieten Leichtmobile dennoch wenig Pufferzone. Insbesondere für junge Fahrer können beide Punkte gefährlich werden. Wer mit 15 oder 16 Jahren Leichtfahrzeuge fährt, hat in der Regel kaum Fahrpraxis und reagiert entsprechend unsicherer auf Gefahrensituationen als passionierte Fahrer.
Ausblick und Fazit
Die Automobilindustrie entwickelt sich stetig weiter und immer größere Hersteller bemühen sich mittlerweile darum, Kleinstwagen mit elektrischem Antrieb und Zulassung ab dem Führerschein AM zu produzieren. Die kleinen, kosten- und platzsparenden Microcars für den urbanen Zweck, sollen langfristig zum Umdenken anregen und für Pendler im städtischen Bereich eine Alternative zu großen Kraftfahrzeugen werden.
Aufgrund der vielseitigen Verwendbarkeit und dem vergleichsweise geringen Energieverbrauch ist bei den elektrischen Microcars großes Potential vorhanden, da sich die Ladeinfrastruktur für elektrisch betriebene Fahrzeuge immer weiter entwickeln und ebenso die Technologie von Batterien auf längste Lebenszeit und noch größere Reichweite getrimmt wird.
Ein elektrisches Microcar ist daher langfristig eine Überlegung wert, wenn man in Großstädten nicht an öffentliche Verkehrsmittel gebunden sein will und in einem Radius von bis zu 25-30 km kostengünstig zur Arbeit pendeln möchte.
Addendum
Titelbild – Trend Leichtkraftfahrzeuge – Copyright Supertrooper – stock.adobe.com
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