Renault setzt mit dem Kangoo Z.E. auf eine neue Zielgruppe für Elektroautos. Es ist ein einfach aufgebauter 2-Sitzer; einsetzbar als Kleintransporter für Gewerbetreibende im Nahverkehr. Nach unserem letzten Test im Jahr 2016 hat sich mit technischen Neuerungen die Reichweite auf bis zu 270 km bei optimalen Bedingungen erhöht dank des neuen 33-kWh-Akkus. Dies verspricht einer Verdoppelung der Reichweite gegenüber dem Vorgängermodell. Im Prinzip ergibt sich damit ein größerer Aktionsradius. Im Alltag überrascht er uns in einigen Details.
Laut Renault ist die Reichweite ein Bestwert aller E-Nutzfahrzeuge. Die tatsächliche Reichweite im Kurzstreckendienst mit hohem Stop-and-Go-Anteil beträgt rund 200 Kilometer bei Sommertemperaturen. Im strengen Winter dürfte er nach unseren Erfahrungen eher bei circa 100 bis 125 km liegen. Für den Mobilitätsbedarf der im Citybereich reicht diese Distanz für den Tagesbedarf aus.
Funktionalität steht bei dem Lieferwagen im Fokus. Die Hauptfunktion liegt schlichtweg darin, Pakete und andere Lasten auf kurzen Strecken zu transportieren. Hinter den beiden einfach ausgestatteten Vordersitzen ist die Ladefläche durch ein Gitternetz vom Fahrbereich abgetrennt. Der Ladebereich ist im Alltag vielseitig nutzbar, zum Beispiel für Transporte diverser Berufsgruppen vom Reinigungsunternehmen bis zum Handwerksunternehmen.
Der Stadtlieferant
Der elektrische Kangoo ist zurzeit in zwei verschiedenen Ausführungen lieferbar. Im Testbetrieb nutzen wir die kurze Version des Zweisitzers. Beim Kangoo Z.E. fasst das Frachtabteil je nach Ausführung 3,0 bis 3,5 Kubikmeter bei einer Zuladung von 650 Kilogramm. In der zweisitzigen Variante des Kangoo Maxi Z.E. stehen 4,6 Kubikmeter Laderaum und 605 Kilogramm Zuladung zur Verfügung. In der fünfsitzigen Ausführung fasst das Stauabteil bis zu 3,4 Kubikmeter. Die Zuladung beträgt 640 Kilogramm. Damit ist das Auto für den Arbeitsalltag in fast allen gewerblichen Nutzungsfeldern aufgestellt. Nach dem Einstieg fällt der Blick auf ein aufgeräumtes Armaturenbrett mit übersichtlich angeordneten analogen Anzeigen. Batterieladezustand, Geschwindigkeitsmesser und Temperaturanzeige: Alle wesentlichen Informationen sind schnörkellos zusammengefasst.
Sommertest
Wir testen diesmal im Sommerbetrieb zwischen 15 bis 20 Grad Celsius Außentemperatur. Der neue fremderregte Synchronmotor des Kangoo Z.E. und Kangoo Maxi Z.E. leistet wie sein Vorgänger 44 kW/60 PS, arbeitet jedoch laut Renault mit einer höheren Energieeffizienz und verfügt über eine optimierte Batteriesteuerung. Dank Verwendung kompakterer Bauteile benötigt der auf dem E-Motor der Kompaktlimousine ZOE basierende Antrieb weniger Einbauraum als sein Vorgänger. Bei dem Aggregat handelt es sich um eine komplette Eigenentwicklung von Renault. Es mobilisiert ein maximales Drehmoment von 225 Nm, das bereits beim Anfahren zur Verfügung steht. Die Beschleunigung erfolgt zügig, in den höheren Geschwindigkeitsbereichen ist er träger.
Das Auto ist in erster Linie im Stadtverkehr und auf Kurzstrecken zu nutzen, hier schwimmt das Auto zügig im Verkehrsstrom mit. Von der Reichweite im europäischen Fahrzyklus müssen wir im Praxistest Abstriche machen. Nach 200 Kilometern müssen die Akkus wieder aufgeladen werden.
Fahrtests und einphasige Ladevorgänge
Immerhin verfügt die neue Version vom Kangoo Z.E. über ein neues Ladesystem, das ein leicht schnelleres „Stromtanken” erlaubt: Das bedeutet aber immer noch an einer Wall-Box mit einer Ladeleistung von 7,4 kW (einphasig 32 A) benötigt der Lieferwagen rund sechs Stunden, um auf die komplette Ladekapazität zu kommen.In der Praxis sollte man also überlegen, ob die Tagesreichweite gerade bei niedrigen Temperaturen ausreichend ist, denn die volle Aufladung ist dann wohl eher mit einer Ladung über Nacht realisierbar. Immerhin serienmäßig stattet Renault den Kangoo Z.E. mit einem Ladekabel aus, das gleichermaßen für die Wall-Box und öffentlichen Ladepunkte geeignet ist.
Für Ausnahmefälle steht ein Kabel zur Verfügung, mit dem sich das Elektrofahrzeug an regulären 230-Volt-Haushaltssteckdosen anschließen lässt, für das Renault noch einmal einen Aufpreis von 476 Euro verlangt . Deutlich spürbar wird wie bei Bremsvorgängen und im Schiebebetrieb Bewegungsenergie durch Rekuperation zurückgewonnen und in die Batterie eingespeist. Sobald der Fuß vom Gaspedal genommen wird, sind die Einspeisevorgänge deutlich wahrnehmbar.
Wie beim aktuellen ZOE verbindet Renault die Klimaanlage des Kangoo Z.E. mit einer Wärmepumpe, wodurch die Reichweite zusätzlich steigt. Anders als konventionelle Heizungen zieht das System einen Großteil der Energie zum Heizen oder Kühlen nicht aus der Batterie, sondern aus der Umgebungsluft und benötigt dadurch deutlich weniger Energie.
Ausstattung und Preise
Um Energie zu sparen, verfügt das Klima-System außerdem über eine Vorschaltfunktion. Solange das Fahrzeug an der Ladestation angeschlossen ist, wird für das Kühlen oder Heizen des Innenraums ausschließlich Strom aus dem Netz genutzt. Mit der Funktion lassen sich beim Einsteigen angenehme Temperaturen erzielen. Das Auto inklusive Akku kostet zur Zeit in der sehr einfach gehaltenen Basisausstattung 37.032,80 Euro laut Preisliste. Wer die Variante mit Akkumiete bevorzugt, liegt bei 26.203,80 laut Preisliste. Aufpreispflichtig sind alle Komfortmerkmale wie ein Paket mit Klimaanlage, Navigationssystem oder elektrische Außenspiegel.
Das Multimediadisplay inklusive Radio, Freisprecheinrichtung und Navigationsgerät ist nach wie vor etwas umständlich zu bedienen und vom Fahrer weit entfernt für eine direkte Bedienung per Touch, dafür gibt es wieder eine zusätzliche Bedienung in der Mittelkonsole. Alle Funktionen im Test waren ausgereift und führen einen sicher zum Ziel oder zur nächsten eingetragenen Ladestation. Die Bedienelemente am Lenkrad und der Lenkradsäule sind gut zu erreichen. Die Automatik lässt sich einfach bedienen. Es sind einige Fahrassistenten in der Testversion eingebunden. Neben den üblichen elektronischen Stabilitäts- und Bremsassistenten ist bei unserem Testfahrzeug eine Einparkhilfe als Radarwarner eingebunden: durch die beschränkte Sicht aufgrund der fehlenden hinteren Seitenfenster ein sinnvolles Zubehör.
Fazit
Mit der neuen Version wurden gegenüber dem Vorgängermodell vor allem wesentliche Verbesserungen in den Bereichen Rekuperation, Energieeinsparungen und Reichweitenerhöhung erzielt. Die Aufladung des Akkus ist nur für die Aufladung über Nacht interessant. Interieur, Ausstattung und Bedienungselemente sind schlicht und funktional gehalten. Für den Kurzstrecken- und Stadtverkehr ist die neue Version interessanter geworden.
Addendum
Weitere Praxistest vom Modelljahr 2019 gibt es im aktuellen Heft.
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