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Die KVG in Kiel - Copyright KVG/Thomas Mau

Die KVG rüstet sich für die Zukunft in Kiel

Die städtische Tochtergesellschaft KVG (Kieler Verkehrsgesellschaft) der Stadt Kiel ist verantwortlich für den öffentlichen Nahverkehr in der Landeshauptstadt. Im Rahmen der anhaltenden Anforderungen an die Luftreinhaltung in den Städten sind auch die öffentlichen Verkehrsbetriebe in der Pflicht, den eigenen Fuhrpark auf emissionsarme beziehungsweise emissionsfreie Fahrzeuge umzustellen. Bei der KVG hat die Zukunft für den Einsatz der Elektrobusse bereits begonnen. Am 16. Mai 2019 erfolgte der offizielle Start der Abbrucharbeiten für den alten Betriebshof. Entstehen wird am gleichen Ort eine moderne Werkstatt für die Wartung der Elektrobusse und die Infrastruktur mit Ultra-Schnellladestationen bis zum Jahr 2021. Wir werfen im Dialog mit Thomas Mau ( Leiter Betrieb und Technik / Prokurist bei der KVG) einen Blick auf die zukünftige Entwicklung der Kieler Verkehrsgesellschaft.

Thomas Mau ( Leiter Betrieb und Technik / Prokurist bei der KVG)
Thomas Mau ( Leiter Betrieb und Technik / Prokurist bei der KVG)

gcm: In Kiel wurden mit dem 5. Regionalen Nahverkehrsplan (RNVP) die Leitlinien für die Verkehrsentwicklung in den kommenden Jahren festgelegt. Welche Aufgabenfelder übernimmt die KVG?

KVG: Die KVG Kieler Verkehrsgesellschaft mbH ist mit ihren derzeit rd. 640 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – davon ca. 520 im Fahrbetrieb – und einem Fuhrpark von 183 Linienbussen ein kommunales Unternehmen der Landeshauptstadt Kiel. Die Verkehrsleistung von derzeit 10,2 Mio. Fahrplankilometern und Beförderung von ca. 34 Mio. Fahrgästen p.a. erfolgen auf Basis eines sogenannten Verkehrsvertrages mit der Landeshauptstadt Kiel. Das Leistungsportfolio entwickelt sich entsprechend den Zielsetzungen der Landeshauptstadt Kiel. Wesentliche Handlungsfelder ergeben sich aus den Zielen der städtischen Klimaschutzkonzepte, bei dem der „Masterplan 100 % Klimaschutz“ eine zentrale Rolle einnimmt, den Zielen der Mobilitätskonzepte des Landes SH und der KielRegion sowie den speziellen Entwicklungsperspektiven für den ÖPNV, die sich aus dem RNVP ergeben und von der Kieler Ratsversammlung als Vorgaben für die Periode von fünf Jahren beschlossen wurden.

KVG stellt die Linienbusse auf E-Antriebe um

Die KVG selbst setzt diese Vorgaben gemeinsam mit den involvierten Institutionen der Verwaltung und der Politik in die Realität um. Hierbei wesentlich sind Themenfelder wie Angebots- und Kapazitätserweiterung und natürlich die Umstellung des Fuhrparks auf elektrotechnische Antriebe. Einhergehend hiermit sind parallel innerbetriebliche Maßnahmen notwendig, z.B. der Neubau einer zukunftsgerichteten Hauptwerkstatt und die derzeit schwierige Aufgabe der Personalakquise.

Die Fuhrparkumstellung auf E-Antriebe der Linienbusse unterliegt einem von der Ratsversammlung der Landeshauptstadt Kiel beschlossenen Konzept. Die KVG übernimmt die schrittweise Umsetzung mit dem Ziel, bis zum Ende des Jahres 2022 bereits 45 Gelenkbusse und 20 Stück 12-Meter-Fahrzeuge mit reinelektrischen Antrieben im Linieneinsatz zu haben. Das entspricht einem Anteil von 35 % des Fuhrparks der KVG. Zusammen mit den bereits derzeit im Betrieb befindlichen 33 Hybrid-Linienbussen – hier mit 24 % Kraftstoffersparnis – wird zu dem Zeitpunkt dann ein Anteil von 53 % des Fuhrparks teil- und vollelektrifiziert sein. Anvisiert ist die endgültige Ablösung fossiler Energieträger folglich spätestens in dem Jahr 2033.

gcm: Der Einsatz von emissionsfreien Elektrobussen wird in den kommenden Jahren umgesetzt. Welche Kriterien müssen die Busse für den reibungslosen täglichen Einsatz erfüllen und wie sieht die Infrastruktur für die Ladevorgänge aus?

Wir streben natürlich an, dass die Busse im Linienverkehr unterwegs sind und nicht die meiste Zeit auf dem Betriebshof an Ladestationen stehen. Derzeit sind die angebotenen Fahrzeuge unter Realbedingungen allerdings nur in der Lage, allenfalls 150 bis 180 km ohne eine länger andauernde Nachladung zu laufen. Aufgrund unserer Einsatzbedingungen, den uns der Taktfahrplan vorgibt, können wir jedoch nur eine sehr geringe Anzahl von Umläufen sinnvoll mit solchen Depot-Ladern bestücken. Daher sind wir noch auf Nachlademöglichkeiten an Endhaltestellen mit hohen Ladeströmen (500 kW) angewiesen. Nach weiterem Fortschreiten der F&E, insbesondere in der Batterietechnologie, erwarten wir flexiblere Möglichkeiten des Einsatzes, so dass wir die in Kürze beschafften Fahrzeuge mit entsprechender Technik und die Ladestationen auf dem Betriebshof entsprechend so ausstatten, dass die Fahrzeuge und die Ladestationen unabhängig des Einsatzbereiches kompatibel zueinander sind.

Aufbau der Infrastruktur für Ladestationen

Eine wesentliche Rolle spielt die in den Batterien verwendete Zellchemie. Vor dem Hintergrund der im städtischen ÖPNV sehr fordernden Einsatzbedingungen sind wir momentan noch recht eingeschränkt, hier eine nachhaltig sinnvolle Entscheidung über die zu wählende Batterieauslegung zu treffen. Dabei spielen Aspekte eine Rolle, die teilweise konträr wirken. Als Beispiel seien genannt: Anzahl der möglichen Ladezyklen, C-Rate, Energiedichte, Kosten, Nachnutzung und Umweltbedingungen.

gcm: Die Beschaffung der Fahrzeuge und der Ladeinfrastruktur erfordert einen hohen Finanzierungsaufwand. Ist die KVG mit der sich darstellenden Förderkulisse von Bund und Land zufrieden?

KVG: In der Tat liegt der Beschaffungspreis dieser Fahrzeuge derzeit noch bei dem ca. 2- bis 2,5-fachen eines herkömmlichen Busses. Die Ladeinfrastruktur auf den Betriebshöfen und an Endhaltestellen muss zudem errichtet werden. Die laufenden Kosten, die sich aus Batteriezellentausch, Instandhaltung der Ladeinfrastruktur und der Beschäftigung weiterer Fachleute ergeben, sind zudem ein Thema.

Die KVG wird dankenswerterweise – bezogen auf das erste Beschaffungslos – sehr deutlich seitens des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit mit einer Gesamtquote von knapp 60% mit rd. 21,2 Mio. Euro unterstützt. Für die zweite Phase bis Ende 2022 ist ein Antrag auf Aufstockung eingereicht, der derzeit geprüft wird.

Öffentliche Fördermittel

Wir rechnen damit, dass künftig die Beschaffungspreise sinken können, da die vorgeschalteten Anstrengungen der Industrie hinsichtlich F&E und Schaffung von Fertigungskapazitäten bei späterer Phase des Markthochlaufes refinanziert sein müssten – das bleibt abzuwarten. Sicherlich werden den in den Jahren nach 2023 dann einsetzbaren Technologieformen jedoch andere Preisbildungsfaktoren zu hinterlegen sein. Das bedeutet, dass sich aus unserer Sicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Planbarkeit einstellen lässt. Insofern sind wir jetzt und nachfolgend auch später mehr denn je abhängig von Finanzierungshilfen der öffentlichen Hand, da wir wiederum keinesfalls beabsichtigen, mit Erhöhungen der Fahrtarife gegen zu finanzieren.

Das bedeutet, dass entsprechende Fördermittel seitens des Bundes und der Länder jetzt und nachhaltig verfügbar sein sollten, sofern nicht die kommunalen Aufgabenträger diese Mehrkosten tragen können, wovon nicht unbedingt ausgegangen werden kann. Die derzeit über die bestehenden Förderprogramme des Bundesumwelt- und des Bundesverkehrsministeriums bereitgestellten Mittel für die Beschaffung von E-Bussen und Ladeinfrastruktur sind, wenngleich sie zwischenzeitlich auch aufgestockt wurden, nicht geeignet, um bundesweit und flächendeckend deutliche Anteile der Busflotten umstellen zu können. Hier ist es notwendig, konsequent weitere Unterstützung anzubieten. Auch ist die Förderbereitschaft der Bundesländer sehr heterogen. Hier sollten insbesondere diejenigen Bundesländer, die zurzeit Flottenumstellungen im Bussektor nicht unterstützen, dringend tätig werden, gepaart mit dem Zulassen der Möglichkeit von gegenseitiger Co-Finanzierung.

Eine besondere Rolle fällt zudem dem Energiebezugspreis zu. Sofern der Aufschlag gemäß dem EEG analog wie bei dem Personennahverkehr auf der Schiene entfallen kann, wäre dieses eine gute Entlastung in Bezug auf die laufenden Betriebskosten. Hier ist der Gesetzgeber dringend gefordert, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Mehr Infos zum Thema Bus – hier klicken.

Link Kieler Verkehrsgesellschaft

Addendum

Interview aus dem Sommer 2019.

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N. Hagedorn
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