Great Wall Motors aus China baut kontinuierlich das Programm für Europa aus. Im Mutterland des Automobils mit Elektroautos zu punkten ist eine Prestigeaufgabe und soll den traditionellen deutschen Marken Paroli bieten. Der Ora 03 wurde als Funky Cat wurde schon auf der IAA 2021 in München präsentiert und ist mit der neuen Modellbezeichnung Ora 03 auch direkt online konfigurierbar. Die am besten ausgestattete Version kommt in der GT-Version zum Test. Was kennzeichnet die GT-Version?
Ein wenig erinnert der Ora 03 auf den ersten Blick mit dem pummeligen Heck an die ersten Elektroautos in der Kompaktklasse, aber auf den zweiten Blick sind die organischen Formen doch mit dem markanten Dachabschluss mit einer eigenen Formsprache versehen. Der Ora GT muss sich mit dem Einstiegspreis von stattlichen 49.490 Euro starker Konkurrenz zum ID.3, Model 3, dem Smart oder dem neuen Mini stellen. Spätestens wenn man Platz genommen hat, sieht man die Paarung aus gediegenem Innenraum mit gut verarbeiteten Materialien und dem digitalen Flair des Aufbruchs mit einer klaren Aufteilung der Digitaldisplays.
Der chinesische Konzern Great Wall Motor Co. Ltd (GWM) platziert mit der noch jungen Marke Ora mit dem 03 das Einstiegsmodell auf dem deutschen Markt. Der in China etablierte Konzern hat ein starkes Interesse, auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen. Die neue Plattform für den Ora wird ebenfalls für die neue Generation vom vollelektrischen Mini SE eingesetzt in Kooperation mit BMW. Auch dieses Fahrzeug wird ausschließlich in China gefertigt.
Umfangreiches GT-Ausstattungspaket
Wer bei dieser Konkurrenz mit einem neuen Modell punkten will, muss sich schon überzeugenden Argumenten präsentieren. Der Ora 03 GT ist aktuell das hochwertigste Ausstattungspaket. Der warm wirkende bekleidete Innenraum punktet mit veganem Leder, einem hinterleuchteten Infodisplay und in dieser Ausstattungsvariante mit einem Panorama-Schiebedach für Frischluft und reichlich Licht im Innenraum. Dabei überzeugt GWM mit einer sehr guten Verarbeitungsqualität und ergonomisch geformten Sitzen mit einem ansprechenden Seitenhalt und zahlreichen Einstellmöglichkeiten. Die verchromten Kippschalter für die Klimatisierung und Belüftung sind intuitiv bedienbar.
Der digitale Beifahrer
Ein Alleinstellungsmerkmal ist der Avatar mit eigenen Namen. Der digitale Assistent wird mit Hey plus Namen aufgerufen und erscheint als Männchen im Display. Im Dialog befragt er mich zu den Wünschen und Einstellungen des Autos. Wie bei allen anderen digitalen Sprachassistenten ist eine Eingewöhnung erforderlich. Richtig umgesetzt werden klar strukturierte Aussagen wie „Schiebedach öffnen“ oder „Sitzheizung einschalten“. Bei komplexeren Wünschen oder die Suche nach Navigationszielen sind schon Grenzen zu erkennen, die wohl mit den nächsten Updates reduziert werden.
Aber der Assistent übernimmt auch die komplette Fahrer-Überwachung. Per Kamera erfolgt eine ständige Fahrerkontrolle. Sobald man nicht konzentriert auf die Fahrbahn schaut, meldet er sich und mahnt mich zur Selbstkontrolle. Auch bei vermeintlichen Kollisionswarnungen oder scheinbar erkannter geistiger Abwesenheit schallt die mahnende Stimme aus den Lautsprechern. Das System soll laut Hersteller bei den nächsten Updates noch weiter verfeinert werden. Wahrscheinlich mit dem Einsatz der KI wohl in den nächsten Updates einiges mehr zu erwarten sein.
Ich denke dezentere Hinweise wie bei anderen Herstellern reichen aus. So wird man häufiger während der Fahrt genervt wie von einem übervorsichtigen digitalen Beifahrer, zum Beispiel bei seitlichen Kopfbewegungen oder beim Dialog. Bei Nachtfahrten spiegeln sich in den Seitenscheiben die Info-Displays, das ist nicht mehr zeitgemäß.
Antrieb und Akku
Bei dem von uns getesteten Modell wird eine ternäre Lithiumbatterie mit NCM-/NCA-Zellchemie mit einer Nettokapazität von 59,3 kWh ( brutto 63 kWh) eingesetzt. Die DC-Ladeleistung liegt bei maximal 67 kW und damit die Ladezeit für den Ladevorgang von 15 auf 80 Prozent bei 48 Minuten, die AC-Ladung mit 11 kW liegt bei 6,5 Stunden. Da liegt die Konkurrenz mit den aktuellen Modellen schon deutlich besser bei den Ladezeiten.
Der Elektromotor mit 126 kW/ 171 Pferdestärken ist ein permanenterregter Synchronmotor. Er sorgt für viel Fahrspaß und zügiges Fahren in der City. Die gängigen Überholmanöver von 80 auf 120 km/h werden kernig ausgeführt. Der für Elektroautos typische tiefe Schwerpunkt lässt ihn ohne große Wankbewegungen durch die Kurven gleiten.
Der Bedienhebel für die adaptive Geschwindigkeitsregelung wurde leider komplett nicht einsehbar hinter das Lenkrad unter den Blinkhebel gesetzt. Das ist nicht bedienungsfreundlich und gerade beim Einsatz bei höheren Geschwindigkeiten eine unnötige Fummelei hinter dem Lenkrad. Ist er aktiviert, hält er den Sicherheitsabstand automatisch ein und bleibt spurtreu. Er übernimmt allerdings nicht die Tempolimits und so muss entsprechend nachjustiert werden.
Wer noch etwas Zeit investiert, kann sich alle wesentlichen Assistenten nach eigenem Gusto konfigurieren und sich am zentralen Infodisplay mit dem eigenen Smartphone anmelden. Nach den ersten Ausfahrten lassen sich die für einen persönlich wichtigen Assistenten an- oder abwählen.
Der Kofferraum fällt mit 228 Litern klein aus und die hohe Ladekante ist beim Verstauen der Einkäufe unpraktisch. Dafür kann mittels der teilbaren Rückbank das Volumen auf bis zu 858 Liter zügig erweitert werden.
Sicherheit und Garantien
Beim Thema Sicherheit hat der Ora 03 mit dem höchsten Ausstattungspaket im Euro-NCAP-Crashtest aus dem Jahr 2022 alle fünf Sterne erhalten. Zu der Crashsicherheit tragen sieben Airbags, die Notrufauslösung und die Türentriegelung bei. Für das Fahrzeug gibt es 5 Jahre Garantie ohne Kilometerbegrenzung und 8 Jahre Garantie bis zu 160.000 Kilometer auf den Antriebs-Akku.
Der Ora 03 hat einige individuelle Ansätze und vermittelt im Alltag eine gute Agilität und versprüht eigenen Charme. Die Verbrauchswerte bei unseren Testfahrten im Sommer liegen zwischen 15 und 19 kWh pro 100 Kilometer im Kurzstrecken- und Stadtverkehr. Auf der Autobahn bei zügigen Fahrten liegt er über 20 kWh. Das ist angemessen und so lagen wir bei den realen Reichweiten bei über 300 Kilometern.
Fazit
Die GT-Version vom 0ra 03 ist ein mit zahlreichen Sicherheitsfeatures ausgestattetes Elektroauto im oberen Preissegment (49.490 Euro) dieser Fahrzeugklasse. Die gute Verarbeitungsqualität und die Reichweite sind optimal für den Einsatz im Kurz- und Mittelstreckenbereich. In Details sollten noch ein paar Überarbeitungen erfolgen in den Bereichen Fahrerüberwachung, digitaler Assistenten und Infotainment beim nächsten Systemupdate.
Addendum
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