Mit der Vorstellung des EQC im September 2018 wurde bei Mercedes-Benz der Push-Button zur Elektrifizierung der PKW-Flotte gedrückt. Nach den sehr zurückhaltenden Entwicklungen in der B-Klasse stand ein konkurrenzfähiges SUV für den Mittelstreckenbereich im Fokus der elektrischen Zukunft. Mit dem Mercedes-Benz EQC haben die Entwickler die Modifizierung der GLC-Plattform durch Einbau von zwei Elektromotoren an der Vorder- und Hinterachse und einem Akku im Unterboden vorgenommen. Das Design fällt moderner aus, nimmt jedoch gerade den typischen Präsenzcharakter der GL-Modelle auf.
Auffallend sind die prägenden LED-Lichtbänder an Front- und Heckseite und die wuchtige Front mit einem stattlichen Mercedes-Stern. Blickt man ins Interieur, findet man tradierte Mercedes-Merkmale wie vielfältig einstellbare Sitze mit sehr gutem Seitenhalt, umfangreiche Instrumentalisierung im Cockpit und ein hochwertiges Ambiente, das nach eigenem Gusto individuell gestaltet werden kann.
Auf den ersten Blick finden sich wenige Anzeichen für ein reines Elektroauto. Für Umsteiger vom GLC auf den EQS findet sich auch hier das zweigeteilte Widescreen-Cockpit bestehend aus dem digitalen Instrumenten-Cockpit und dem 10,25 Zoll großen Multimediadisplay in der Mittelkonsole. Die Fans von zahlreichen Schaltern, Wippen und Druckknöpfen werden in der Mittelkonsole mit etlichen Einstellungsmöglichkeiten fündig. Die Traditionalisten werden sich hier sofort wohlfühlen. Die Mercedes-Autohäuser können ihren Stammkunden einen Umstieg auf die Elektromobilität durchaus schmackhaft machen. Das gesamte Ambiente weckt Vertrauen und bietet dazu einen emissionsfreien Antrieb.
Andere Modelle wie der Fiat 500e oder der Mini Cooper SE haben schon bewiesen, dass eine große Fangemeinde auch den Umstieg auf E-Mobilität akzeptiert. Dabei haben gerade diese traditionellen Modelle ein hohes Potenzial, ihre treuen Fahrer in das neue Zeitalter mitzunehmen. Mit dem Druck auf die Start-Taste entfaltet sich im EQC eine dezente Fahrkultur. Weder laute Motorengeräusche noch Schaltvorgänge stören den kraftvollen Auftritt.
Generalist im Premium-Segment
Mercedes setzt eigene Ansprüche konsequent im Premium-Segment um. Dazu gehört im SUV-Sektor grundsätzlich ein ganzes Paket verschiedener Fahrmodi, hier sind individuelle Fahransprüche realisierbar mit den Modi Sport, Comfort, Eco und Max Range. Diese Auswahl ist selbsterklärend und entsprechend der Wahl sind dann auch verschiedene Verbrauchsspielräume einzuplanen. Zusätzliche Feindosierungen können mittels der Schaltwippen am Lenkrad zur Auswahl des Grades der Rekuperation vorgenommen werden. Auch hier gibt es mit den Einstellungen D+ (Segeln/keine Rekuperation), D (Standard/leichte Rekuperation), D- (mäßige Rekuperation) und D– (One-Pedal-Driving) eine breite Auswahl für die FahrerInnen.
Oder man lässt über die Einstellung D Auto zu, dass die Elektronik des Autos sich selbstständig an die jeweilige Fahrsituation anpasst. In der Praxis sollte man alle Einstellungen in Ruhe testen. Wer defensiv auf der Langstrecke unterwegs ist, für den ist die Konstellation aus Ecomodus und D Auto sicherlich am interessantesten. Im Stadtverkehr sind wir am einfachsten mit dem Ecomodus und im One-Pedal-Driving (D-) gefahren. Es ist auf jeden Fall für alle Fahransprüche die richtige Kombination aus Fahr- und Rekuperationsmodi wählbar.
Der Langstreckentest als Gradmesser
Der typische Nutzer des EQC wird die Mittel- und Langstrecken bevorzugen. Hier kann der schwere SUV mit dem adaptiven Fahrwerk die Insassen komfortabel über alle Streckenprofile führen. Zum entspannten Cruisen gehören bei unserem Testfahrzeug einige Extras wie Ambientebeleuchtung, Massagesitze, Fahrassistenz-Pakete, Burmester Surround-Soundsystem und die Wegführung über die Augmented-Reality-Navigation.
Auf den Autobahnabschnitten der A7 im echten Norden haben wir selbstverständlich auch die adaptive Geschwindigkeitsregelung ausgiebig getestet, der EQC passt die Fahrgeschwindigkeit hierbei je nach Auswahl ans vorgegebene Tempolimit oder das vorausfahrende Fahrzeug an. Zusammen mit dem Spurhalteassistent und dem Totwinkel-Assistent bilden sie das perfekte Rüstzeug für bequemes Fahren und sorgen dafür, dass sich die FahrerInnen auf den Verkehr konzentrieren können.
Laden am Supercharger
Das wichtigste Kriterium für ungetrübten Fahrspaß bildet an der Autobahn die Infrastruktur der Ionity-Schnellladestationen. Nach dem Start mit vollem Akku kann man sich für die Strecke die optimalen Ladepunkte anzeigen lassen. Auf der Autobahn konnten wir drei Ladestopps von Ionity nutzen. Beim EQC ist zurzeit die maximale Ladeleistung auf 110 kW unter optimalen Bedingungen begrenzt. Betrachtet man die Ladekurve, so sinkt schon ab dem halb voll geladenen Akku die Ladeleistung kontinuierlich ab, bei unseren Stopps lag die Leistung ab 70 % bei 70 bis 75 kW. Damit dauern die Ladestopps im Vergleich zum Taycan oder E-Tron leider etwas länger, hier liegt noch Verbesserungspotenzial für die nächsten Modelljahre.
Fahrpotenziale
Der EQC ist trotz 2,5 Tonnen Eigengewicht mit seiner Systemleistung von 300 Kilowatt (408 PS) mit einer Beschleunigung von 0 auf 100 km in 5,1 Sekunden sehr zügig unterwegs. Der Akku mit 80 kWh Kapazität umfasst acht Batteriemodule mit 384 Pouch-Zellen. Er wiegt 650 Kilogramm und ist mit einem Sicherheitskäfig geschützt. Mit 760 Newtonmetern Drehmoment bietet der EQC ausgezeichnete Dynamikwerte. Der Stromverbrauch ist entsprechend und liegt laut Hersteller bei durchschnittlich 22,2 kWh / 20,2 – 21,3 kWh (nach WLTP kombiniert / nach NEFZ). Wer das Fahrzeug jedoch auf der Langstrecke fordert, kann nach unserem Test im Frühjahr den realen Verbrauch eher bei 25 bis 35 kWh taxieren. Wer also die volle Dynamik erleben will, kann mit 250 bis 300 km Reichweite bis zum nächsten Ladestopp rechnen.
Die Nutzergruppen erweitern sich für den EQC durch den möglichen Anhängerbetrieb, der immerhin für gebremste Anhänger bis zu einem Gewicht bis zu 1,8 Tonnen realisierbar ist. Auch die Stützlast ist bis zu 72 kg ausgelegt und erlaubt damit einen Fahrradträger mit bis zu zwei Pedelecs. Dagegen erscheint die erlaubte Zuladung mit erlaubten 380 Kilogramm sehr begrenzt. Da ist bei vier erwachsenen Personen kaum noch die Zuladung von Gepäck erlaubt.
Fazit
Der Mercedes-Benz EQC hat als erstes reines E-SUV von Mercedes noch viel Tradition im Gepäck, die in erster Linie Stammkunden von Mercedes anspricht. Die Reichweite ist stark abhängig vom gewählten Fahrmodus und Fahrstil. Die aktuellen Modelle EQE und EQS sind dagegen reine Neukonzeptionen von Elektroautos. Die flexible Nutzbarkeit bietet einen guten Kompromiss zwischen Mittelstrecken- und Freizeit-SUV.
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