Nach dem großen Strategiewechsel von Volkswagen beschleunigt auch Renault den Umbau zum Hersteller von Elektroautos. Dabei sind grundlegende Veränderungen von der Entwicklung bis hin zur Produktion und dem Recycling in den Fokus gerückt. Dabei sollen auch die Klassiker wie der Renault 5 und ein zur Zeit sogenannter „4ever“ eine Renaissance als elektrische Modelle erleben. Schon bis 2025 wird die Renault Group laut eigenen Angaben zehn neue vollelektrische Modelle auf den Markt bringen.
Auf der Veranstaltung „Renault eWays“ am 30. Juni 2021 wurden die Eckpfeiler der Neuausrichtung bekannt gegeben. Ein wichtiger Eckpfeiler wird eine strategische Kooperation mit Envision AESC darstellen, um im französischen Douai eine Batterie-Megafactory zu errichten. Die Produktion von von Elektroautos und Akkus wird wohl in Zukunft wie bei Tesla schon üblich nur noch in riesigen Produktionseinheiten ab einer Jahresproduktion von 500.000 Einheiten für den Massenmarkt erfolgen. Während die Elektromotoren schon weitgehend ausgereizt sind in ihren Entwicklungspotentialen, rücken die Technik und die Produktionskosten in den kommenden Jahren immer mehr in den Mittelpunkt. In Kooperation mit dem französischen Start-up-Unternehmen Verkor verspricht sich Renault durch Standardisierung der Zellarchitektur eine Kostensenkung für Akkus um bis zu 60% bis 2030.
Neue Plattformen und neuer Antriebsstrang
Auch die Struktur des Antriebsstrangs wird noch einmal komplett überarbeitet und soll die Produktionskosten noch hierfür noch einmal um 30% senken. Berücksichtigt man diese beiden wesentlichen Faktoren, dann dürften auch noch mal die Listenpreise in den kommenden Jahren für die neuen Elektroautos deutlich reduziert werden.
„Der heutige Tag hat historische Beschleunigung für die EV-Strategie der Renault Group und für das ,Made in Europe‘. Indem wir unser kompaktes, effizientes und hochtechnologisches Elektro-Ökosystem Renault ElectriCity in Nordfrankreich zusammen mit unserer E-Powertrain Megafactory in der Normandie bauen, schaffen wir zuhause die Voraussetzungen für unsere Wettbewerbsfähigkeit“, lautet hierzu das offizielle Statement von Renault CEO Luca de Meo
Umstieg auf NMC-Akkus
Die in der Kritik stehenden Lithium-Ionen-Akkus sollen abgelöst werden durch NMC-Batterien (Nickel, Mangan und Cobalt). Die Vorteile liegen aus Renault-Perspektive in Reichweitenvorteilen um bis 20% und einer besseren Recyclingfähigkeit. Erwartet wird auf Ebene der Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi bis zu eine Million E-Fahrzeuge mit NMC-Akkus bis 2030 liefern zu können. Hierzu gibt es die Partnerschaft mit dem Batteriehersteller Envision AESC. Schon im Jahr 2024 soll in einer neuen Batterie-Megafactory Akkus mit einer Kapazität von 9 GWh gefertigt werden und ausgebaut werden auf 24 Gwh bis zum Jahr 2030.
Industriepool ElecriCity
Unter dem neuen Begriff „Electricity“ werden zukünftig die drei Produktionsstandorte Douai, Maubeuge und Ruitz in Nordfrankreich zusammengefasst. Hier sollen schon bis 2025 bis zu 400.000 Elektrofahrzeuge hergestellt werden. Aber nicht nur im Massenmarkt sind Änderungen angepeilt. Über eine 20%-Beteiligung am französischen Start-Up Verkor sollen Hochleistungsbatterien für das C-Segment und höhere Fahrzeugklassen der Marke Renault sowie für die Fahrzeuge der Marke Alpine entwickelt werden. Auch hier geht es massive Kostensenkungen bei der Batterieproduktion, dem teuersten Bauelement im Elektroauto. Hierfür werden schon jetzt klare Zielvorstellungen ausgegeben: „Ziel sind weniger als 100 Dollar/kWh im Jahr 2025 und weniger als 80 Dollar/kWh mit der ab 2030 geplanten Einführung der Feststoffbatterien in der Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi.“
Neuer Elektromotor
Ein neuer Motor auf Basis des elektrisch erregten Synchronmotors (EESM) ohne Dauermagnete und damit ohne Einsatz von Seltenen Erden soll schon 2024 produziert werden. Zudem soll mit dem Start-Up Whylot ein neuartiger Axialfluss-E-Motor zunächst für die Hybrid-Antriebsstränge entwickelt werden. Zusammenfassen in einer 800 Volt konformen Box aus eigener Produktion wird Renault die Leistungselektronik aus den Elementen Wechselrichter, DC-DC-Wandler und das On-Board-Ladegerät (OBC). Diese Box soll dann über alle Plattformen und Antriebsstränge (BEV, HEV, PHEV) zum Einsatz kommen. Auch hiervon verspricht sich die RenaultGroup weitere Kostensenkungen.
„Der heutige Tag hat historische Beschleunigung für die EV-Strategie der Renault Group und für das ,Made in Europe‘.
Renault CEO Luca de Meo
Ebenfalls zusammengefasst wird der Antriebsstrang in einem One-Box-Projekt. Damit werden der Elektromotor, das Untersetzungsgetriebe und die Leistungselektronik in einem Paket zusammengeführt. Das Einbauvolumen reduziert sich bis zu 45% und die Kosteneinsparungen sollen hier bei 30% liegen. Größter Vorteil für die Elektromobilität: Renault verspricht sich hiervon einen 45% niedrigeren Energieverbrauch für den Antriebsstrang und erreicht damit noch einmal eine zusätzliche Reichweite von bis zu 20 Kilometern.
Am Ende wurden auch zwei neue Plattformen für Elektrofahrzeuge vorgestellt. Da ist auf der einen Seite die CMF-EV Plattform für die Mittelklasse und obere Mittelklasse. Bis 2025 werden laut Renault auf Allianz-Ebene 700.000 Fahrzeuge auf dieser Technikbasis gebaut. Dank niedrigen Gewichts und eines hochmodernen Wärmemanagements soll die CMF-EV Architektur eine WLTP-Reichweite von bis zu 580 Kilometern erzielen. Der neue Megan E ab 2022 basiert auf der CMF-EV Plattform.
Im Kleinwagen-Segment ermöglicht die CMF-BEV Plattform, erschwingliche Elektroautos für breite Kundenkreise anzubieten. Im Vergleich zur aktuell für den ZOE eingesetzten Plattform sinken die Kosten der CMF-BEV Plattform um 33 Prozent. Die CMF-BEV Plattform ermöglicht Reichweiten von bis 400 Kilometern. Der neue Renault 5 basiert auf dieser CMF-B EV-Plattform.
# Update April 2022
Trennung der Geschäftsfelder geplant
Zur Zeit kursieren in den Medien Meldungen zur Abkopplung der Elektroautosparte vom konventionellen Antrieb, vergleich mit der Entwicklung bei Ford. Hier wurde bereits in die Geschäftsfelder „Ford blue“ für den konventionellen Antrieb und „Ford Model e“ für das Elektroauto geplant. Bei Renault soll in Zukunft ebenfalls eine klare Trennung zwischen beiden Geschäftsfeldern erfolgen. Damit sind beide Sparten deutlich effizienter im Hinblick auf eine autonome und individuelle Entwicklung.
Update Mai 2023
CMF-B-EV-Plattform: Common Module Family
Die Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi hat die neue Elektroauto Plattform CMF-B-EV vorgestellt. Diese Plattform ist zukünftig für den Einsatz im B-Fahrzeugsegment für Elektrofahrzeuge vorgesehen. Die Basis dieser größeren Plattform stammt aus der bereits eingesetzten CMF-B-Plattform für den Clio und Captur. Ein Schwerpunkt war die Kostenreduktion in der Produktion. Mit dem neuen modularen Konzept können Fahrzeuge mit unterschiedlichen Radständen und Spurbreiten erstellt werden für Fahrzeuge aus dem B-Segment. Der neue elektrische Renault 5 wird auf Basis dieser neuen Plattform aufgebaut.
Hierzu lautet das offizielle Statement von Delphine De Andria, Leiterin der Produktentwicklung im B-EV-Segment: „Die neue CMF-B-EV-Plattform bietet enormes Potenzial, denn sie ermöglicht beim künftigen Renault 5 viel Fahrspaß und trägt zur hohen Wettbewerbsfähigkeit in der Kompaktklasse bei.“
Angetrieben wird der neue Renault 5 mit einem fremderregten Synchronmotor, der auch den ZOE E-Tech Electric und Megane E-Tech Electric antreibt. Er ist nicht nur leistungsfähiger als ein Permanentmagnetmotor, sondern kommt auch ohne Seltenerdmetalle für Magneten aus, was sowohl die Kosten als auch die Umweltbelastung in der Produktion senken soll.
Die Leistungselektronik, der DC/DC-Wandler, das Batterieladegerät und das Batteriemanagementsystem werden in einem kompakten Gehäuse zusammengefasst. Damit wird der Antrieb kleiner und leichter macht. Der künftige Renault 5 Elektromotor ist rund 20 Kilogramm leichter als der des ZOE. Das neue Batteriepaket wird komprimiert auf vier große Module, damit werden zusätzlich 15 Kilogramm Gewicht eingespart.
Renault Verkaufszahlen in Europa
Jahr Verkaufte PKW
2018 1,081,750
2019 1,056,644
2020 814,955
2021 685,989
2022 575,946
Quelle goodcarbadcar.net
Update Juli 2023
Renault und Nissan unterzeichnen endgültige Vereinbarungen
Die Zusammenarbeit zwischen Renault soll bis zum Ende des Jahres weiter vertieft werden. Dazu gehören weitere Kooperationen im Bereich der Fahrzeugentwicklung, der Elektrifizierung der Modellpalette und dem Vertrieb
„Die Renault Group und die Nissan Motor Co., Ltd haben die am 6. Februar 2023 angekündigten, verbindlichen Rahmenvereinbarungen endgültig beschlossen. Die darin vorgesehenen Transaktionen unterliegen verschiedenen Bedingungen, einschließlich behördlicher Genehmigungen, so dass der Abschluss für das vierte Quartal 2023 erwartet wird.“ (Pressemitteilung der Renault Group vom 26.07.2023)
Update Oktober 2023
Renault und Valeo entwickeln den neuen E7A-Motor
Renault arbeitet mit dem Zulieferer Valeo an einem neuen Motor, der ohne seltene Erden auskommt und eine hohe Effizienz verspricht. Das Aggregat wird deutlich kompakter als die aktuell eingesetzten Aggregate sein und den WLTP-Verbrauch auf unter 16 kWh/100 km senken. Mit dem Verzicht auf seltene Erden, soll vor allem die Abhängigkeiten in den Lieferketten von anderen Ländern deutlich reduziert werden.
„Der neue E7A-Motor trägt darüber hinaus dazu bei, die Ladezeiten der Batterien zu verkürzen, da das System für 800 Volt statt der heute üblichen 400 Volt ausgelegt ist. Der Stator von Valeo steigert zudem die Leistung und den Wirkungsgrad: Das Aggregat leistet bis zu 200 kW und ist damit deutlich stärker als die vorherige E-Motoren-Generation ohne dabei mehr Strom zu verbrauchen.
Der E7A-Elektromotor wird bis zur Serienreife weitere Entwicklungsphasen durchlaufen. Die Serienproduktion beginnt Ende 2027 im Werk Cléon der Renault Group.“ (Pressemeldung Renault 26.10.2023)
Fazit
Auch Renault als einer der Wegbereiter der E-Mobilität der traditionellen Autohersteller beschleunigt nach Volkswagen noch einmal den Kurs im Bereich der E-Mobilität. Damit wird sich der Wettbewerb unter den bisher konventionellen Herstellern noch einmal im Bereich der Vorherrschaft im Sektor der Elektroautos deutlich verschärfen.
Addendum
Titelbild Renault Zoe Logo – Renault 5 – Copyright Renault
Quellen – Infoveranstaltung „Renault eWays“ am 30. Juni 2021 und aktuelle Entwicklungen 2022 / 2023
- Volvo BEV-Modelle gefragt in Schweden - 11. Oktober 2024
- Wer gewinnt das Rennen um die Feststoffbatterie? - 11. Oktober 2024
- Suzuki Across CVT PLUG-IN HYBRID – Das Zugpferd - 11. Oktober 2024