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Automechaniker prüft die Spannung mit Voltmeter - Copyright romaset @ fotoila.com

Hersteller setzen auf 48-Volt-Mildhybrid

Im Gegensatz zu seinen großen Brüdern – dem Plug-in-Hybrid und dem Vollhybrid – sind die Mildhybride nicht in der Lage Strecken rein elektrisch zu fahren. Der Verbrennungsmotor wird beim Mildhybrid für den Antrieb benötigt und wird meist von einem schwachen Elektromotor unterstützt. Die elektrische Maschine dient als Generator und E-Maschine und kann gleichzeitig auch die Lichtmaschine ersetzen. Während „echte“ Hybridfahrzeuge oder Elektroautos mit einem Hochspannungsnetz von mindestens 110 Volt (üblich sind 400-Volt-Systeme) ausgerüstet sind, wird auch die gegenläufige Entwicklung mit einem 48-Volt-Antrieb weiterentwickelt. Die als Mildhybrid bezeichneten Systeme können in Zukunft dabei helfen, den Kraftstoffverbrauch drastisch zu senken – rein elektrisch fahren ist aber (noch) nicht möglich.

Ab 60 Volt spricht man beim Bordnetz eines Autos von der Hochvolttechnik. Diese implementiert besonders für Werkstätten eine besondere Vorsicht bei der Arbeit am Fahrzeug. Beim 48-Volt-System handelt es sich dagegen um ein Niedervoltsystem, für das deutlich geringere Sicherheitsstandards gelten. In üblichen Benzin- und Diesel-Fahrzeugen eingesetzte 12-Volt-Antriebe können einen kleinen Teil der Bremsenergie gewinnen und damit den Blei-Akku laden, was nur der Stromversorgung an Bord zugutekommt. Im Gegensatz dazu kann die gewonnene elektrische Energie eines 48-Volt-Systems in einem Lithium-Ionen-Akku gepuffert und dann nicht nur für elektrische Nutzer im Auto, sondern auch für den Antrieb genutzt werden. Durchschnittlich können bis zu 18 Prozent Kraftstoff durch diese Bremsenergierückgewinnung gespart werden.

Verbesserung der Kraftstoffeffizienz

Die mittlerweile weltweit aufkommende Produktion von 48-Volt-Hybriden ist angesichts der strengen Regulierungen und CO2-Grenzwerten sowie drohenden Diesel-Fahrverboten nicht verwunderlich. Um die Anforderungen ab dem Jahr 2020 einhalten zu können, sind die Autobauer bestrebt, Technologien zu entwickeln, die nicht nur zur Senkung des CO2-Ausstoßes und einer Verbesserung der Kraftstoffeffizienz beitragen, sondern zudem noch verhältnismäßig geringe Kosten aufweisen.

Das 48-Volt-Mildhybridsystem ist eine solche relativ günstige Technologie. Der 48-Volt-Startergenerator, welcher als Elektromotor dient, ersetzt sowohl die Lichtmaschine als auch den 12-Volt-Anlasser. Das hat den Vorteil, dass der Startvorgang des Motors auf wenige Zehntel Sekunden reduziert wird, während es beim normalen 12-Volt-Bordnetz ein bis zwei Sekunden dauert, den Motor zu starten, was besonders bei Start-Stopp-Systemen sehr vorteilhaft ist.

Der 48-Volt-Anlasser kann das Drehmoment des Verbrennungsmotors zudem soweit unterstützen, dass die Effizienz bei der Beschleunigung verbessert wird (Boosten). Auch ein Segelbetrieb, bei dem der Verbrennungsmotor während der Fahrt abgeschaltet wird, ist mit dem 48-Volt-Hybridsystem möglich.

Besonders bei Stadtfahrten wirkt sich das Mildhybridsystem vorteilhaft aus: Beim Beschleunigen und Anfahren unterstützt die elektrische Maschine den Verbrennungsmotor zusätzlich. Während des Bremsens oder im Schubbetrieb kann die Kurbelwelle dann über Riemen den Elektromotor antreiben, welcher als Generator dient, um Strom zu erzeugen, welcher dann im 48-Volt-Akku gespeichert wird.

Die Technik der Mildhybride

Das 48-Volt-Bordnetz wird entweder zusätzlich zum bereits verwendeten 12-Volt-Bordnetz in das Fahrzeug eingebaut, um eine bidirektionale Leistungsübertragung zu gewährleisten, oder als alleiniges Bordnetz.

Wesentliche Bestandteile des 48-Volt-Systems sind neben der 48-Volt-Batterie (Lithium-Ionen) ein 48-Volt-Startergenerator und ein DC/DC-Wandler. Die übliche 12-Volt-Lichtmaschine und der 12-V-Anlasser werden durch den 48-Volt-Startergenerator ersetzt, welcher nicht nur den Motor startet, sondern als eine Art Dynamo die Drehenergie des Verbrennungsmotors in elektrische Energie umwandelt. Bei Bremsvorgängen wird durch die Bewegungsenergie der Generator zum Rotieren gebracht – er kann so eine Leistung von bis zu 15 kW erzeugen, die dann im 48-Volt-Akku gespeichert wird.

Das 48-Volt-System

Der bidirektionale Spannungswandler dient dazu, das vorhandene 12-Volt-Bordnetz mit dem 48-Volt-Bordnetz zu verbinden. Das 48-Volt-System liefert eine Leistung von bis zu 3,5 kW an das 12-Volt-System; in manchen Fällen kann das 12-Volt-Bordnetz aber auch das 48-Volt-Bordnetz versorgen. Durch den Einsatz des 48-Volt-Systems wird nicht nur für eine bessere Beschleunigung gesorgt, sondern die Effizienz des Motors wird deutlich verbessert.

Die ersten Serienfahrzeuge, welche mit dem 48-Volt-Hybridantrieb ausgestattet wurden, stammen aus dem Continental-Werk Nürnberg. Die Dieselvarianten des neuen Renault SCENIC und des Grand SCENIC wurden vom Zulieferer Continental mit dem Niedervoltsystem elektrifiziert. Renault hat seiner Form des Mildhybrids den Namen „Hybrid Assist“ verpasst.
Auch weitere Autobauer haben schon erste Fahrzeuge im neuen Segment der Mildhybride auf den Markt gebracht oder planen einen Marktstart. Mercedes kündigte schon Ende des Jahres 2016 an, dass der neu entwickelte Sechszylinder-Benzinmotor M 256 mit einem 48-Volt-Bordnetz ausgerüstet werde und konsequent für die Elektrifizierung ausgerüstet wird. Die Leistungen des Sechszylinder-Motors sollen im Bereich des Achtzylinders liegen, also bei über 300 kW (408 PS) und mehr als 500 Nm. Die CO2-Emissionen konnten im Vergleich zum V6-Vorgänger um ca. 15 Prozent reduziert werden. Als erstes Modell wird wohl die S-Klasse mit dem 48-Volt-Bordnetz und dem neuen M256-Motor ausgerüstet werden.

Zulieferer Continental und Schaeffler präsentierten bereits einen 48-Volt-Mildhybridantrieb, welcher eine Kraftstoffersparnis von bis zu 25 Prozent zu einem Vergleichsfahrzeug mit normalem Antrieb verspricht. Der in Zusammenarbeit mit Hersteller Ford entwickelte „Spar-Focus“ wurde zusätzlich mit einem elektrisch heizbaren 48-Volt-Katalysator ausgestattet, welcher dazu beiträgt, die Abgasnorm EURO 6c einzuhalten.

Infovideo Mildhybride

Der japanische Hersteller Suzuki hat 2017 mit dem Suzuki Ignis ein Mildhybridsystem auf den deutschen Markt gebracht. Das SHVS (Smart Hybrid Vehicle by Maruti Suzuki ) genannte 48-Volt-System bietet im Vergleich zum normalen Antrieb eine Kraftstoffersparnis von 0,3 Liter/100 km und eine CO2-Ersparnis von knapp 7 g/km. Die bei der Rekuperation eingesparte Energie soll bei Beschleunigungsphasen eine zusätzliches Drehmoment von bis zu 6 Nm erbringen.

Audi kündigte schon im Jahr 2015 an, dass bis zum Jahr 2025 alle neuen Modelle außer den e-tron-Modellen mit einem 48-Volt-Bordnetz angeboten werden. So gaben gaben die Ingolstädter bekannt, dass ab Mitte 2017 die neuen Mild-Hybrid-Antriebe in die Modellpalette einziehen werden. So ist die neue Generation des Audi A8 mit einem 48-Volt-Netz ausgerüstet sein.

In der Zukunft werden wohl noch weitere 48-Volt-Antriebe entwickelt und auf den Markt gebracht werden – die sanfte Elektrifizierung zu relativ geringen Kosten birgt für Autobauer ein großes Potenzial.

Berichte zum Mildhybrid – hier klicken.

Addendum:

Copyright: Artikel aus dem green car magazine 

Titelbild: Copyright romaset @ fotoila.com

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N. Hagedorn
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